Outside Improvisation fasziniert uns schon eine ganze Weile. Deshalb verbreitet es sich auch immer mehr. Da es früher hauptsächlich im Jazz vorgekommen ist, wenden es jetzt auch Musiker an, die mit Jazz überhaupt nichts am Hut haben. Zumindest ist mir das in der letzten Zeit stark aufgefallen.
Es gibt wie immer mehrere Varianten, „outside“ zu spielen. Aber ich werde euch hier alle Varianten mal aufzeigen und ihr könnt selber wählen, welche davon ihr lernt.
Outside Improvisation mit Tensions
Eine Variante um einen Outside Effekt zu erzielen sind die Tensions.
Diese Art zu improvisieren nennt man auch „Upper Structure“ oder „Superimposing / Superimposition„.
Hierbei wird in anderen Akkorden gedacht. ZB. wenn wir einen CMaj7 (1,3,5,7) haben und wir einen Em7 (1,b3,5,b7) darüber spielen, ist der Em7 in relation zum Grundton C ein CMaj7(9) Arpeggio.
Aber weshalb ist das so?
Machen wir das Beispiel in absoluten Noten:
CMaj7 beinhaltet folgende Noten: C, E, G, H. Die Intervalle in relation zum Grundton „C“ sind hier: 1, 3, 5, 7.
Em7 erklingt durch diese Noten: E, G, H, D. In relation zum Grundton „E“ ist es logischerweise ein ganz normaler Moll7 Akkord. Nämlich: 1, b3, 5, b7. Aber in relation zu „C“ erklingen diese Intervalle: 2, 3, 5, 7.
Wir spielen also die Tension 2 (bzw. 9) und müssen nicht einmal gross überlegen, was wir gerade machen.
Ich rate jedoch davon ab, in „anderen Akkorden“ zu denken. Es ist nicht ideal einen CMaj7 Akkord zu sehen und zu denken: „Ich spiele jetzt einen Em7 darüber“. Ihr lernt lieber das CMaj7 Arpeggio so gut auswendig, dass ihr das Arpeggio problemlos um eine weitere Note ergänzt oder wie im obigen Beispiel eine Note davon ersetzt (in diesem Beispiel haben wir den Grundton durch die Sekunde (9) ersetzt).
Eine ausführliche Auswahl an „Arpeggios über Arpeggios“ bzw. „Akkorde über Akkorde“ findet ihr unter „Upper Structure„.
Einen kleine Ausschnitt davon zeige ich euch gleich hier:
Chord on Chord | Startend von: | Ergibt |
Maj7 over Maj7 | 5 | 5, 7, 9, #11 |
min7 over Maj7 | 3 | 3, 5, 7, 9 |
min7 over Maj7 | 6 | 1, 3, 5, 13 |
min7 over Maj7 | 7 | 9, #11, 7, 13 |
Dom7 over Maj7 | 2 | 1, 9, #11, 13 |
min7b5 over Maj7 | b5 | 1, 3, #11, 13 |
7sus4 over Maj7 | 2 | 1, 5, 9, 13 |
7sus4 over Maj7 | 3 | 1, 5, 9, 13 |
7sus4 over Maj7 | 6 | 3, 5, 9, 13 |
7sus4 over Maj7 | 7 | 3, 7, #11, 13 |
Outside Improvisation mit Outside Noten
Als Outside Noten bezeichnen wir die Noten, die weder Akkordnoten (Arpeggio-Noten) noch Tensions sind. Also eigentlich „alle anderen“ bzw. „alle falschen“! 🙂
Falsch klingt es übrigens erst, wenn ihr es nicht schafft, diese Sinnvoll aufzulösen. Mit auflösen meine ich, wieder auf den original Grundton zurückzukehren.
Schlussendlich kann mit den „outside Noten“ das genau gleiche gemacht werden, wie mit den „Tensions“.
Ihr könnt euch ein Arpeggio ausrechnen.
Sagen wir, wir wollen ein Arpeggio finden, welches über CMaj7 eine komplett falsche Note beinhaltet.
Als Beispiel haben wir hier einen Maj7 Akkord:
Akkord | Akkordnoten | Tensions |
Major 7 | 1, 3, 5, 7 | 9, #11, 13 |
Setzen wir also Akkordnoten und Tensions zusammen, ergibt das: Lydisch.
„Alle anderen“ Noten, wie zB. b2, b3, 4, b6, b7 sind dementsprechend weder in den Akkordnoten noch in den Tension und sind deshalb „Outside“.
Nun versuchen wir, ein Arpeggio zu kreieren, welches mindestens eine Arpeggio-Note, eine Tension und eine komplett falsche Note beinhaltet.
Damit das etwas einfacher geht, habe ich hier einen visuellen Guide, welcher euch hoffentlich ein wenig dabei hilft, euer eigenes Arpeggio zu finden.
Grün: Arpeggio Noten
Blau: Tensions
Rot: Outside Noten
Gehen wir davon aus, dass ich jetzt von der grossen Terz aus einen Dominant 7 Akkord spielen würde, dann hätte ich dieses Ergebnis (ich gebe zu, es wird langsam aber sicher etwas unübersichtlich!):
In relation zum Grundton „C“ spielen wir die grosse Terz (Arpeggio Note), die kleine Sexte (Outside Note) die grosse Septime (Arpeggio Note) und die Sekunde bzw. None (Tension).
Sehen wir es aber als ein neues Arpeggio und würde die derzeitige grosse Terz als Grundton sehen, wäre es ein sehr unspektakuläres E Dominant 7 Arpeggio.
Ganz und gar nicht langweilig jedoch, ist der Klang davon! 🙂
Outside Improvisation durch verschieben
Das verschieben einer logischen Line macht zwar nicht wirklich Sinn, aber klingend macht es sogar sehr viel Sinn.
Beispielsweise kann eine vorhersagbare Line ganz einfach an einer bestimmen Stelle einen Halbton höher oder einen Halbton tiefer gespielt werden.
Wichtig hierbei ist, dass es eine Line sein muss, die auch ohne diese +1 oder -1 Verschiebung Sinn macht.
Schlussendlich können auch von einem sehr komplizierten Lick ein paar Noten willkürlich verschoben werden. Wie das im ganzen klingt, hängt meistens vom Hörer ab. 😛
Sehr gut hierfür eignet sich übrigens die Pentatonik, da sich die Pentatonik gut hin und her schieben lässt.
Outside Improvisation mit 12 Ton
Eine weitere Variante um richtig schräg zu improvisieren ist die 12 Ton Tonleiter.
Da wir normalerweise 7 Noten pro Tonleiter haben (ausgenommen sind Pentatonik mit fünf Noten und Hexatonic mit sechs Noten), können wir auch einfach alle 12 Noten nehmen und damit improvisieren.
Die Regel für 12 Ton Musik wurde mal so festgelegt, dass alle 12 Noten gespielt werden müssen, bevor eine davon wiederholt wird. Das gilt auch für die Oktaven.
So viel zu 12 Ton Musik. In der 12 Ton Improvisation jedoch, spielt es keine Rolle, wann und wie oft etwas wiederholt wird. Es gibt einfach keine Grenzen was man darf und was nicht.
Aber Achtung: Falsch klingen kann es trotzdem! 🙂 Es gibt also dennoch Regeln zu beachten.
Mit diesen drei Vierklängen kann man problemlos alle 12 Noten spielen ohne gross nachzudenken, welche Note noch fehlt:
Verwendet man also Beispielsweise von jedem dieser Arpeggios zwei oder drei Noten und geht dann zum nächsten Arpeggio und wiederholt das ein paar mal, hat man auch eine sehr schräge Improvisation die zumindest Theoretisch auf der 12 Ton Tonleiter aufbaut.
Beispiele Outside Improvisation
Outside Improvisation Beispiel mit Outside Noten und Tensions
In diesem Beispiel von Sam Birchall verwendet er die erste Variante die wir hier angeschaut haben. Er nimmt zwei Akkorde und kombiniert deren Arpeggios.
Die zwei Arpeggios welcher er hier spielt sind: CMaj7 und Abm7b5.
Rechnen wir nun aus, was das in Intervallen mit dem Grundton „C“ heisst:
CMaj7 ist klar: 1, 3, 5, 7. Aber was mit dem Abm7b5?
Die Intervalle von einem moll7b5 sind: 1, b3, b5, b7.
In relation zum Grundton C jedoch, sind die Intervalle von Abm7b5: 9, #4, b6, 7
Wir haben also:
2x Tensions (9, #4)
1x Outside Note (b6)
1x Arpeggio Note (7)
Outside Improvisation Beispiel verschieben von Pentatonik
In diesem Beispiel habe ich einfach die Dm Pentatonik hochgespielt und in der Mitte um einen Halbton versetzt.
Zusätzlich dazu, spiele ich noch einen Melodischen Rhythmus. Also klingend sind es zwar 16tel Noten, aber die Gruppierung davon ist: 1,2,3,4,5,6, 1,2,3,4, 1,2,3,4, 1,2,3.
Wobei die fett geschrieben Zahlen die Verschiebung bedeuten.
Hierbei kann man eigentlich gut sehen, dass die Zahlen auf de Tabs „9 + 11“ eigentlich nicht zu der Pentatonik gehören. Die wurden tatsächlich einfach einen Halbton nach unten geschoben.
Outside Improvisation mit 12 Ton
Dieses Beispiel ist aus einem Battle in Mario Odyssey. 🙂
Hier werden ziemlich viele Noten verwendet, die nicht wirklich zueinander passen. Oder eben doch? 🙂
Ihr könnt mal versuchen, dieses „Lick“ über einen Backing Track in G Dur/Moll zu spielen. Da es auf G endet, sollte es eine gute Auflösung haben und zumindest beim letzten Ton Sinn ergeben.
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