Das Mysterium „Griffbrett“ begleitet einen Gitarristen wohl sein Leben lang.
Deshalb habe ich schon einmal darüber geschrieben: Das Griffbrett der Gitarre
Ich habe teilweise sehr fortgeschrittene Schüler/innen, welche schon sehr gut Gitarre spielen und auch damit improvisieren, aber eigentlich keine Ahnung haben was sie so genau auf dem Griffbrett drücken.
Der Grund ist wieder einmal die Gewohnheit.
Macht man etwas genug lange (in diesem Fall auf der Gitarre improvisieren), dann braucht man die Noten eigentlich gar nicht zu kennen, sondern verlässt sich mehr auf sein Gehör und weiss, wenn Akkord X kommt, kann man die Noten auf Bund X und Saite X spielen und es wird gut klingen.
Kommt aber den Ohren etwas neues „zu Gehör“, bedarf es gründlicher Übung bevor man es spielen kann, da die Noten bzw. das Theoretische eben doch fehlt.
Das Griffbrett mittels Improvisation üben
Es gibt wie immer mehrere Varianten das Griffbrett auswendig zu lernen.
Da haben wir den Nerd, der sich tatsächlich jeden Tag hinsetzt und einfach jede einzelne Note auswendig übt. Oder der App-Freak, der sich eine App runterlädt und alles mittels App in sich hinein „zwingt“. 😛
Da gibt es aber auch noch mich, der versucht, irgendwie alles miteinander zu verbinden. 🙂
Für diese Übung könnt ihr eigentlich eine Fake Improvisation vortäuschen.
Nehme dafür einfach vier Akkorde aus der C Dur Tonart – es kann auch eine andere sein, aber du solltest möglichst simpel in einer einzigen Tonart beginnen.
Stufe | Dreiklang | Intervalle 3 Klang |
---|---|---|
I Maj7 | C Dur | 1 – 3 – 5 |
II m7 | D Moll | 1 – b3 – 5 |
III m7 | E Moll | 1 – b3 – 5 |
IV Maj7 | F Dur | 1 – 3 – 5 |
V 7 | G Dur | 1 – 3 – 5 |
VI m7 | A Moll | 1 – b3 – 5 |
VII m7b5 | H Vermindert | 1 – b3 – b5 |
Nehmen wir jetzt einfach mal an, unsere Akkorde seien: C, Am, F, G.
Klingt gar nicht mal so schlecht, oder? Das liegt übrigens daran, dass ich die I. IV. V. und VI. Stufe ausgewählt habe.
Nun wissen wir jetzt eigentlich, dass wir uns in C Dur, bzw. A Moll befinden und dementsprechend einfach mal die A Moll Pentatonik darüber spielen könnten.
Der einzige Unterschied dieser Übung jedoch ist, dass wir jetzt nicht einfach darauf los spielen, sondern uns etwas einschränken.
Einschränkungen sind super, wenn man an seinem Spiel etwas verändern will. Um aus der „gewohnten Zone“ herauszukommen, müssen strenge Massnahmen ergriffen werden! 😛
Die Am Pentatonik ist für uns also nicht mehr einfach eine Scale/Tonleiter, sondern einzelne Töne die miteinander Sinn ergeben.
Grundton Übung
Die erste Übung besteht NUR aus dem Grundton des jeweiligen Akkordes.
Wir lassen also einen Backing Track laufen:
(Dieser Backing Track habe ich übrigens auf iReal Pro gemacht)
Wir spielen in diesem 4/4 Takt immer auf den ersten Beat den jeweiligen Grundton.
Nehme immer wieder einen andere Oktave, damit es nicht zu langweilig wird. Versuche wirklich genau zu spielen und das so lange zu machen, bis du es schon fast blind kannst und nicht mehr überlegen musst „oh nein, jetzt kommt ein C, wo ist nur das C??!!“.
Sobald ihr das habt, spielt auf den zweiten, dritten und vierten Schlag eine Note aus der Pentatonik. Hierbei spielt es keine Rolle was für eine Note ihr spielt. Hauptsache aus der Pentatonik.
Wenn auch das kein Problem mehr ist, dann beginnt mit 8tel Noten und macht das genau gleiche wie vorhin.
Wichtig zu beachten ist, dass die erste Note jeweils der Grundton des jeweiligen Akkordes ist.
Fakt ist, dass ihr C, A, F und G nun zwischen Bund 5 und 8 extrem gut kennt und instantly wisst, wo ihr euren Finger hinhalten müsst.
Terz Übung
Wir machen nun das genau gleiche wie bei der „Grundton Übung“, jedoch jetzt mit der Terz.
Hierbei ist zu beachten, dass zwischen der Dur-, und der Moll Terz zu unterscheiden ist.
Wie und wo ihr die jeweilige Terz findet, findet ihr hier: Alle Intervalle, Scales, Chords and Arpeggios for Guitar
Wichtig: Denke hier nicht an: „Die Terz von C ist ein E, also spiele ich jetzt ein E“. Versuche viel mehr das Muster einer Terz zu kennen und zu verinnerlichen.
Quint Übung
Nun wiederhole die gleiche Übung noch einmal mit der Quinte. Mache das genau gleiche wie oben. Denke nicht an die Note, sondern vielmehr an das Intervall und dessen „Muster“ auf der Gitarre.
Septime Übung
Zum Schluss machen wir das genau gleiche noch einmal mit der Septime. Hier ist zu beachten, dass wir in Vierklängen denken und nicht einfach irgend eine Septime nehmen.
- Da C die I. Stufe ist, wird dort eine grosse Septime gespielt.
- Am ist die VI. Stufe und hat somit eine kleine Septime.
- Der F ist die IV. Stufe mit einer grossen Septime.
- Und der G die V. Stufe mit einer kleinen Septime.
Generell zu beachten ist, dass das ganze mehrere Wochen dauert. Das ist keine Übung welche euch innerhalb von einer Stunde zum Master of Griffbrett macht! 🙂
Ziel
Das Ziel wird sein, dass ihr zumindest diese vier Noten zwischen dem 5. und 8. Bund auswendig kennt und sofort wisst, wo sich diese Noten befinden. Zusätzlich wisst ihr auch noch, welche Noten noch dazugehören und findet diese auch super schnell.
Wie geht es weiter?
Alle Bünde
Damit du das ganze Griffbrett kennst, kannst du jetzt das gleiche mit allen Pentatonik Pattern machen.
So wirst du früher oder später Bund 0 – 12 (und dementsprechend auch 12 – 24) auswendig kennen.
Alle Noten
Damit du alle Noten kennenlernst und nicht nur die vier die wir gerade hatten, kannst du das noch mit den restlichen Akkorden der C Dur Tonart machen.
Hast du dir einen eigenen Backing Track erstellt und obige Übungen mit allen sieben Akkorden genau so durchgespielt, kennst du diese sieben Noten (C, D, E, F, G, A, H) in und auswendig und sogar deren Intervalle (Grundton, Terz, Quinte und Septime).
Danach sollte das gleiche mit allen anderen Tonarten gemacht werden.
Da du schon alle Noten ohne Vorzeichen (# oder b) und Intervall Shapes kennst, wird das nicht mehr all zu schwierig sein. Trotzdem dauert es nochmal eine kleine Weile, weil es (noch) nicht in unsere Muscle Memory sitzt.
Keine Kommentare