Sobald man ein gewisses Level auf der Gitarre erreicht hat, kommt der normale nächste Schritt: Einen Song aufnehmen. Aber was braucht man dafür und wie spielt man das ganze schlussendlich ein?
Das Notwendige Equipment und wie man es schlussendlich aufnimmt, erkläre ich euch hier.
Equipment
Damit man überhaupt etwas analog hörbares (das was wir hören) auf etwas digital hörbares (das was der Computer hört) aufnehmen kann, brauchen wir zuerst Gear, welches das für uns erledigt.
Interface
Ich gehe jetzt einfach mal davon aus, dass jeder der das liest schon eine Gitarre besitzt. Ansonsten sollte man sich diesen Blogbeitrag noch einmal anschauen: Die richtige Gitarre für Anfänger.
Das Interface, welches zur Zeit „jeder“ nutzt, ist das „Focusrite Scarlett„.
Schlussendlich spielt es keine Rolle, welches genau ihr kauft. Wir kommen aber später noch dazu, für was ihr welches braucht.
Alles in allem seid ihr eigentlich jetzt schon bereit, um an eurem Computer ein digitales Signal zu empfangen und dieses zu bearbeiten.
DAW (Digital Audio Workstation)
Logic (Mac)
Für mich als Apple User ist ganz klar: Logic!
Hier spalten sich die Meinungen eigentlich wie überall. Die einen schwören auf Logic, die anderen finden es unübersichtlich und „man kann damit nichts anständiges machen“.
Fakt ist aber, dass viele Profis es verwenden und es auch in Studios verwendet wird um aufzunehmen und ja, sogar um Songs zu mixen.
Es ist ganz klar ein Profi Programm und für jemanden wie mich viel zu umfangreich. Viele Dinge welche Logic kann kenne ich gar nicht und viele Dinge die ich zwar weiss, dass es sie gibt, kann ich nicht anwenden weil ich zu wenig Zeit für diese Funktionen bisher investiert habe.
Da wir uns in meiner Band Atomic Symphony dazu entschieden haben Logic zu verwenden, damit alle am gleichen Projekt arbeiten können, war es für mich natürlich klar, dass ich diesen DAW behalten werde.
GarageBand (Mac)
Die gratis Version von Logic ist GarageBand und schon in jedem Mac kostenlos enthalten. Es unterscheidet sich wirklich wenig von Logic, abgesehen davon, dass die Oberfläche sehr viel einfacher gestaltet ist, weniger umfangreich ist und der ganze Schnick-Schnack den man als Amateur-aufnhemer nicht braucht halt einfach nicht da ist! 🙂
Coole Funktion von GarageBand ist die iCloud integration. Arbeitet ihr an eurem Computer an einem Projekt und geht danach für eine Woche an den Strand, könnt ihr an eurem iPad oder iPhone das Projekt öffnen und weiterarbeiten. Mit den richtigen Adaptern (iPhone zu USB – USB zu eurem Interface) könnt ihr sogar eine Gitarre anschliessen und im Hotel weiter aufnehmen! 😛
Reaper (Mac und Windows)
Das Programm welches ich allen Schülern*innen vorschlage, wenn sie damit beginnen wollen sich selber aufzunehmen ist „Reaper„. All zu viel kann ich darüber nicht sagen, ausser dass viele Schüler*innen davon begeistert sind. Es ist open source, das heisst, es arbeiten ganz viele unabhängige Programmierer daran und das spricht meistens für eine schlechte Oberfläche aber eine super Funktion.
Beispielsweise sehen Plugins nicht so fancy aus wie bei Logic, funktionieren aber genau gleich. Wahrscheinlich will man nicht zu viel Zeit für coole Designs verschwenden und lieber an der Funktionalität arbeiten. Total verständlich.
Es ist übrigens kostenlos. Ihr braucht einfach kurz zu warten bevor das Programm startet um es für alle Ewigkeit kostenlos nutzen zu können.
Cubase
Mit Cubase habe auch ich damals begonnen, meine Gitarre aufzunehmen. Ich bin eigentlich ganz froh, habe ich diese Aufnahmen nicht mehr! 😛
Genau wie alle anderen Programme, kann Cubase super aufnehmen und editieren.
Wenn ihr euch für Cubase entschieden habt, kauft gleich ein Interface von Steinberg. Dann gibts nämlich Cubase kostenlos dazu.
Ableton
Ableton ist zwar mehr dafür bekannt, von Produzenten genutzt zu werden die Hip Hop, RnB usw. aufnehmen. Ich kenne aber ein paar Gitarristen die auch Ableton nutzen für ihr daily Business.
Speziell für Loops, Drums und sich wiederholende Parts (in der Musik) ist Ableton super!
Aufnehmen
Theoretisch habt ihr jetzt schon alles um aufzunehmen zu können!
Ihr geht also von eurer Gitarre mit einem Klinke-Klinke Kabel direkt in das Interface und vom Interface via USB in euren Computer.
Als Monitor würde ich gleich den Kopfhörer Ausgang des Interfaces verwenden. So habt ihr am wenigsten Latenz und könnt euch so gleich hören.
Wie nehme ich richtig auf?
Zwischen Aufnehmen und richtig Aufnehmen gibt es noch einmal einen riesigen Schritt. Davon abgesehen, dass es in einem professionelles Tonstudio viel mehr Möglichkeiten hat, es auch wirklich super klingen zu lassen, versuchen wir in unserem Home Studio es so gut wie möglich klingen zu lassen.
Mit Klick
Ich denke, das muss ich nicht einmal erwähnen, aber ich mache es der Vollständigkeit halber trotzdem.
Nehmt immer mit einem Klick auf. Das ist direkt in eurem DAW integriert. Sobald ihr nämlich ein zweites Instrument oder sogar ein Midi Instrument einspielen wollt, endet es meistens in einer Katastrophe, wenn ihr davor nicht mit einem Klick eingespielt habt.
So könnt ihr schön auf den Takt oder sogar auf einen Schlag schneiden, editieren und sogar neu aufnehmen, wenn ihr etwas falsch oder unsauber eingespielt haben solltet.
Double Track
Nehmt die Gitarre doppelt auf. Und zwar beide mal exakt gleich. Es ist nicht möglich, dass ihr es zweimal exakt so spielt, bzw. auf die Millisekunde genau so spielt. Genau diese Millisekunde welche für unser Gehör nicht hörbar sein sollte, macht es aus, dass die aufgenommene Gitarre extrem fett klingt.
Danach wird die eine Spur auf Links gepant und die andere auf Rechts.
Der Unterschied ist enorm. Hier ein Beispiel von nur einer einzigen Gitarre:
Hier zwei separat eingespielte Gitarren, welche natürlich das genau gleiche gespielt haben, aber beide von der Mitte aus (also nicht die eine Gitarre von Links und die andere von Rechts):
Und zuletzt die genau gleiche Aufnahme wie bei der vorherigen Aufnahme, aber die eine der Gitarren kommt nur aus dem linken Lautsprecher und die andere nur aus dem rechten.
Die Unterschiede sind schon enorm.
Weshalb nicht einfach die eine Spur kopieren, auf die neue Spur setzen und komplett um ein paar Millisekunden verschieben? Das kann man machen, aber es ist zu „genau ungenau“! 🙂 Es wird nicht so gut klingen wie wenn ihr es tatsächlich zweimal eingespielt habt.
Fade In / Fade Out (X-Fade)
Ein sehr wichtiger Teil beim Aufnehmen ist auch das zusammenschneiden von Parts. Es verlangt ja keiner von jemandem, dass man ein ganzes Lied in einem Stück aufnimmt. Deshalb könnt ihr Part für Part aufnehmen oder sogar innerhalb dieser Parts noch einmal korrigieren. Wichtig dabei ist, dass ihr die Parts richtig aneinander hängt und es dazwischen keine „Stille“ gibt.
Die „Stille“ kann man hier zwischen den zwei Parts sehen:
Mit einem X-Fade schaut es dann so aus:
Die Gitarre die davor aufgenommen wurde, ist also überlappend, wird aber ausgefaded während die neue Gitarre eingefaded wird.
Ein X-Fade ist also nichts anderes, als ein Fade-Out der ersten Gitarre und einem Fade-In der neuen Gitarre.
DI Box
Eine DI Box macht nichts anderes, als das Signal der Gitarre doppelt wiederzugeben. Nämlich einmal mit Effekten (Verzerrung, Chorus, Delay usw.) und einmal einfach Roh.
Weshalb das wichtig ist, sehen wir beim „Reamping“.
Ihr braucht nicht unbedingt eine DI Box dafür. Es gibt Interface, die es schon integriert haben. ZB. mit „Spdif“.
Reamping
Reampen ist mitunter das wichtigste, wenn es im Home Studio aufgenommen wurde. Wenn ihr alles alleine macht, nicht wirklich Ahnung davon habt wie was geschnitten wird und Effekte schon drauf waren, dann das Reampen dafür sorgen, dass es doch wieder toll klingt! 🙂
Reampen heisst, dass wir das rohe Signal (welches von der DI Box oder direkt vom Interface per Spdif kommt) noch einmal durch einen Amp oder digitalen Amp wie Kemper oder Axe FX laufen lässt.
Ablauf
Das Equipment bei mir im Home Studio schaut also wie folgt aus:
1: Gitarre ist mit dem Kemper per Klinke verbunden.
2: Kemper Profiler ist mit dem Interface per Klinke und Spdif verbunden (Spdif braucht zwei Kabel! Einmal hin und wieder zurück).
3: Das Interface ist per USB mit dem Computer verbunden.
Mit dieser Variante kann das „billige“ Interface umgangen werden. Ein „gutes“ Interface kostet schnell einmal ein paar Tausend Franken. Mit der Spdif Variante aber, kann das Interface umgangen werden und der Kemper dient so als „master“.
Der Ablauf für eine Aufnahme im Home Studio bei mir schaut wie folgt aus:
Die Gitarre nimmt auf und schickt das Signal an den Kemper weiter, welcher Verzerrung, Delay und alle Effekte gleich so an das Interface weitergibt. Gleichzeitig gibt der Kemper aber das absolute Roh-Signal an das Interface weiter (über Spdif).
Ich habe also zwei separate Spuren, welche gleichzeitig aufnehmen. Einmal „Wet“ (mit allen Effekten) und einmal „Dry“ (ohne jegliche Effekte).
Das Interface gibt beide Signale an den Computer weiter, welcher beide so auf das DAW aufnimmt.
Das mache ich immer zweimal. Also alles ausser Solos sind doppelt aufgenommen (Double Tracks).
Mit dem „Wet“ Signal höre ich, wie es klingt. Das Spdif Signal stelle ich auf Mute und höre nur ab und zu rein, wenn ich überprüfe, wie das Roh-Signal klingt und wie sauber ich es eingespielt habe.
Sobald ich alles aufgenommen habe, editiere ich nur das Roh-Signal (Spdif) mit den X-Fades, schaue ob alles vollständig ist und jage es dann noch einmal per Spdif durch den Kemper.
Am Schluss hat man eine einzige Spur. Als hätte man alles perfekt eingespielt! 🙂
Das Logic-File könnt ihr auch gleich auf meinem Patreon herunterladen.
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